Presseaussendung zur Besetzung und Räumung der Triesterstraße 114
Am 29. 7. wurde das Gebäude Triesterstraße 114. besetzt. Die Vertreter*innen der zuständigen Magistratsabteilung schauten am folgenden Tag vorbei und kündigten den Baubeginn für den Umbau des Gebäudes für Montag an. Den Aktivist*innen wurde mitgeteilt, dass für Sonntag ein weiterer Besuch durch die Zuständigen geplant sei. Dieser fand am 31.7. zwischen 9:00 und 10:00 Vormittags in Begleitung von rund 150 in kommunikationsfreier Gewalt bestens geschulter Exekutivbeamt*innen statt. Ein ähnliches Vorgehen zeigte die Stadt auch schon beim zuletzt besetztem Lobmayerhof in Ottakring. Zum Zeitpunkt der Räumung befanden sich 31 Aktivist*innen im Gebäude. Auf den Wunsch, das Gebäude als Gruppe verlassen zu können, wurde mit Unverständnis und Aggression reagiert: Die Besetzer*innen wurden einzeln aus der Gruppe gezerrt, geschubst und zum Teil die Stiegen hinuntergestoßen. Besonders auffallend war, dass weiblich wahrgenommene Personen zuerst hinausgebracht wurden – zwar von Beamtinnen begleitet, aber zuvor durch WEGA-Beamte brutal aus der Gruppe gerissen. Laut Einsatzleitung gab es keinen Räumungsbescheid. Ohne diesen ist eine Räumung laut Sicherheitspolizeigesetz §37 nur zum Erhalt der öffentlichen Ordnung möglich. Wodurch der Aufenthalt in einem geschlossenen Gebäude Einfluss auf die öffentliche Ordnung haben sollte, wurde den Aktivist*innen nicht erklärt. Nach der Entfernung aus dem Gebäude wurden die Personalien aller Besetzer*innen aufgenommen und ihre Gesichter fotografiert.
Die ehemalige Schule an der Triesterstraße wurde bis 2007 zumindest noch teilweise durch ein Sozialprojekt genutzt, das aus Geldmangel ausziehen musste. Seit dem stand es überwiegend leer. Vor knapp zwei Jahren wurde das der Stadt Wien gehörende Gebäude bereits für 10 Tage durch Aktivist*innen wiederbelebt. Innerhalb dieser kurzen Zeit wurden die Räume vielfältig als Arbeits- und Wohnfläche sowie öffentliche Gemeinschaftsräume genutzt. Die Nutzung durch die Besetzer*innen wurde von der Stadt Wien beendet, da das Gebäude zu einem Amtsgebäude umgebaut werden sollte. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre ist dort allerdings nichts dergleichen passiert. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde lediglich unbenutzbarer gemacht und dem weiteren Verfall überlassen. Dieser Umgang mit Immobilien ist Teil der Wohnpolitik der Stadt Wien sowie allgemeiner Verwertungslogik: Aus Gebäuden soll ein maximaler Profit für die Eigentümerin erzielt werden, anstatt sich an den Bedürfnissen der Menschen und möglichen Nutzungen zu orientieren. Dies führt dazu, dass vielerorts durch diese Logik benachteiligte, meist ärmere Menschen über den Tellerrand fallen. Diese können sich ihren Wohnraum nicht mehr leisten und werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Auch im Stadtteil Favoriten ist eine solche Aufwertungsdynamik durch den Bau des neuen Bahnhofes zu erwarten. In nicht allzu ferner Zeit werden hier, wie bereits zu beobachten ist, viele neue Bürogebäude, Supermärkte und Luxuswohnungen entstehen. Für selbstbestimmtes Leben hingegen ist kein Platz.
Mit Besetzungen soll nicht nur auf die Auswirkungen der Wohnpolitik und des Kapitalismus allgemein aufmerksam gemacht werden, sondern direkt ein selbstverwalteter und autonomer Freiraum geschaffen werden, in dem wir unsere Ideen möglichst frei von Kommerz und Hierarchien leben und verwirklichen können.